Halloween-Streich endet vor Gericht

Am 31. Oktober 2018 bewarf ein 13-jähriger Bub gemeinsam mit anderen Jugendlichen die Fensterscheibe des Geschäfts des späteren Klägers mit zwei rohen Eiern. Der Geschäftsbetreiber, der den Vorfall bemerkte, nahm aus Ärger die Verfolgung auf und konnte den Eierwerfer sogar einholen. Er ergriff den Buben an dessen Rucksack, der sich jedoch aus den Trägern befreien und somit davonlaufen konnte. Daraufhin stürzte der Mann und zog sich dabei Verletzungen zu. Er klagte den Buben auf Schadenersatz, doch würden ihm die Gerichte recht geben?

Der Mann argumentierte, er sei den Jugendlichen nachgelaufen, um den Schaden – also die Reinigungskosten – von ihnen fordern zu können. Dabei habe er versucht den Buben, in Ausübung seines Anhalte-[1] sowie Selbsthilferechts[2], anzuhalten, welcher sich infolgedessen rechtswidrig von ihm losgerissen habe. Allerdings konnte im Verfahren nicht festgestellt werden, ob der Mann die Verfolgung aufnahm, um die Identität der Jugendlichen festzustellen oder Ansprüche aus einer möglichen Sachbeschädigung gegen den Eierwerfer durchsetzen zu können. Außerdem sei an dieser Stelle anzumerken, dass die Verunreinigung der Glasscheibe nachträglich von den Jugendlichen einfach, schnell und rückstandslos wieder entfernt werden konnte.

Das Erstgericht (Bezirksgericht Zell am See) sowie das Berufungsgericht (Landesgericht Salzburg) wiesen das Klagebegehren des Geschäftsbetreibers ab. Die Gerichte führten aus, dass zwar auch Private (gemäß § 80 Abs 2 StPO) zur Anhaltung einer Person auf verhältnismäßige Weise berechtigt sind, sofern diese eine strafbare Handlung ausführe bzw. zuvor ausgeführt habe. Jedoch besteht dieses Recht nur bei mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen. Das Beschmutzen einer Fensterscheibe, die leicht zu reinigen sei, mit zwei rohen Eiern stelle ihrer Ansicht nach aber keine Sachbeschädigung im Sinne des § 125 StGB dar.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte die Ansicht der Vorinstanzen. Der Mann habe den Buben zudem nicht deshalb anhalten wollen, um die staatliche Strafverfolgung zu erleichtern oder zu ermöglichen. Die Anhaltung sei daher nicht gerechtfertigt gewesen und der Bub habe sich daher nicht rechtswidrig dagegen gewehrt. Auch könne sich der Mann nicht auf sein Selbsthilferecht berufen, da er die Jugendlichen nicht verfolgte, um deren Identitäten festzustellen, sondern bloß aus (verständlichem) Ärger über deren Verhalten und die daraus resultierende Verunreinigung seiner Glasscheibe. Der OGH verwies zudem darauf, dass die Selbsthilfemaßnahme nicht gerechtfertigt sei, sofern der zu sichernde Anspruch in Wahrheit nicht bestand, die behördliche Hilfe durchaus rechtzeitig gewesen wäre oder der Eingriff im konkreten Fall bei der gebotenen Abwägung der wechselseitigen Interessen übermäßig war.[3]

Da die Verfolgung des Klägers auf einen von der Rechtsordnung nicht geschützten Zweck abzielte, habe er die aus seinem Sturz resultierenden bedauerlichen Folgen selbst zu tragen. Er habe somit keinen Schadenersatzanspruch gegen den Jugendlichen.

Entscheidung: OGH 25.05.2020, 1 Ob 68/20m


[1] Vgl. § 80 Abs 2 StPO.

[2] Vgl. §§ 13, 344 ABGB.

[3] Vgl. OGH 20.12.2017, 10 Ob 34/17y; RIS-Justiz RS0009027.

Kind bei Piñataspiel verletzt – Schadenersatz?

Für viele Kinder ist die eigene Geburtstagsfeier das Highlight des Jahres. Eine Geburtstagstorte, viele Gäste sowie auch gemeinsame Partyspiele und Aktivitäten dürfen dabei nicht fehlen. Doch dass ein Kindergeburtstag nicht immer komplikationslos und vor allem verletzungsfrei verläuft, zeigt beispielsweise der vorliegende Fall, welcher sogar in einen Rechtsstreit mündete.

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Kein Schadenersatz trotz Behandlungsfehlers

Ein Mann war seit 2016 wegen wiederholter Infekte der Atemwege bei seinem Hausarzt in Behandlung. Im Februar 2019 verstarb er an den Folgen einer Lungenkrebserkrankung, welche erst im Jänner des vorherigen Jahres entdeckt wurde. Die Erben des Mannes klagten den Mediziner auf Schadenersatz wegen ärztlicher Fehlbehandlung, da er die Erkrankung schon früher hätte erkennen können.

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Betrunkener Hochzeitsgast für Sturz selbst schuld

Die näher rückenden Sommermonate sowie die steigenden Temperaturen haben unter anderem zur Folge, dass vermehrt Hochzeiten gefeiert werden. Auch der vorliegende Fall hat seinen Ausgangspunkt in einer Hochzeitsfeier. Ein Hochzeitsgast kam am Heimweg, aber noch in der unmittelbaren Gegend des Veranstaltungsorts, zu Sturz und zog sich dabei Verletzungen zu. Er klagte den Gastwirt auf Schadenersatz – mit Erfolg?

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Sturz wegen Rollsplitt – kein Schadenersatz

Ein Motorradfahrer, der aufgrund der wechselnden Lichtverhältnisse den Zustand der Straße nicht erkennen konnte, kam auf einer Gemeindestraße wegen Rollsplitts zu Sturz und zog sich dabei Verletzungen zu. Zwar warnte ein Schild mit dem Gefahrenzeichen für „Achtung Baustelle“ und der Zusatztafel „Rollsplitt“ vor der Gefahrenstelle, allerdings fiel die Tafel um und war so für den Motorradfahrer nicht mehr sichtbar. Der Mann klagte daraufhin die Gemeinde als Wegehalterin[1] gemäß § 1319a ABGB (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch) auf Schadenersatz.

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Kind nicht an Hand gehalten – Verletzung der Aufsichtspflicht?

Die Hinweistafel mit der bekannten Aufschrift „Eltern haften für ihre Kinder“ ist wohl den meisten geläufig, doch bedeutet es nicht das ausnahmslose Einstehenmüssen der Eltern für jegliche durch ihre Kinder verursachten Schäden. Die Haftung der die mit der Obsorge anvertrauten Personen knüpft hier an die schuldhafte Vernachlässigung ihrer Aufsichtspflicht an.[1] Diese Schuldfrage galt es im vorliegenden Fall, in welchem es zu einem Unfall zwischen einem Radfahrer und einem viereinhalbjährigen Kind gekommen ist, zu klären.

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Busreise: Gepäckkennzeichnung erforderlich

Reisen mit dem Bus – für die einen die Horror-Vorstellung schlechthin, für die anderen erholsam, praktisch und preiswert. Dazu passend hat der OGH im April festgehalten, dass den Fahrgast ein Mitverschulden trifft, wenn er das Reisegepäck trotz Aufforderung beim Buchungsvorgang und in den Geschäftsbedingungen des Busunternehmers nicht kennzeichnet.

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Schimmel: normales Lüften reicht

In den düsteren und feuchten Herbststunden steigt das Risiko des Schimmelbefalls innerhalb der Wohnung. Nicht nur ärgerlich, sondern auch gesundheitsschädigend. Der OGH setzte sich im Zuge der Entscheidung 8 Ob 34 /17h mit der Frage auseinander, wem bei normalem Lüftverhalten die Schimmelbildung bei einer Mietwohnung zuzurechnen ist.

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