Sturz wegen Rollsplitt – kein Schadenersatz

Ein Motorradfahrer, der aufgrund der wechselnden Lichtverhältnisse den Zustand der Straße nicht erkennen konnte, kam auf einer Gemeindestraße wegen Rollsplitts zu Sturz und zog sich dabei Verletzungen zu. Zwar warnte ein Schild mit dem Gefahrenzeichen für „Achtung Baustelle“ und der Zusatztafel „Rollsplitt“ vor der Gefahrenstelle, allerdings fiel die Tafel um und war so für den Motorradfahrer nicht mehr sichtbar. Der Mann klagte daraufhin die Gemeinde als Wegehalterin[1] gemäß § 1319a ABGB (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch) auf Schadenersatz.

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Der Mann begehrte die Zahlung des entstandenen Schadens sowie Schmerzengeld. Er begründete es damit, dass die Gemeinde als Wegehalterin wegen grober Fahrlässigkeit hafte, da sie weder eine angemessene Geschwindigkeitsbegrenzung verordnet noch auf die Gefahrenstelle hingewiesen hat. Die Gemeinde wand dagegen ein, ein Gefahrenzeichen aufgestellt und täglich kontrolliert zu haben allerdings sei dieses anscheinend kurz vor dem Unfallszeitpunkt umgefallen. Außerdem habe der Kläger die ohnehin vorgegebene Geschwindigkeit von 50 km/h nicht eingehalten und um ca. 10 km/h überschritten. Eine Beschränkung auf eine geringere Geschwindigkeit habe sie nicht für notwendig erachtet.

Das Erstgericht (Bezirksgericht Wiener Neustadt) befand die Gemeinde zu zwei Drittel schuldig, da sie die Gefahrenstelle nicht ausreichend abgesichert und somit grob fahrlässig gehandelt habe. Außerdem hätte sie eine Geschwindigkeitsobergrenze von 30 km/h veranlassen müssen, da auch bei Einhaltung der vorgegebenen 50 km/h ein „fahrdynamischer Grenzzustand“ nicht ausgeschlossen werden könne. Dem Kläger sei aber die Nichteinhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung als Mitverschulden zu einem Drittel anzulasten. Das Berufungsgericht (Landesgericht Wiener Neustadt) wies aber das gesamte Klagebegehren ab, da es im bloßen Umfallen der Verkehrstafel keine grobe Fahrlässigkeit der Gemeinde erkannte und es auch keine Hinweise auf dessen Instabilität gab. Auch sei die vorgegebene Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h nicht weiter einschränkungsbedürftig gewesen, da diese für Freilandverhältnisse schon restriktiv genug sei und bei deren Einhaltung die Möglichkeit des gefahrlosen Durchfahrens der Gefahrenstelle bestand.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) befand, dass die Gemeinde durch das Aufstellen einer Verkehrstafel mit dem dazugehörigen Gefahrenhinweis sowie durch die täglich durchgeführten Kontrollen die ihr zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um mögliche Unfälle zu vermeiden. Des Weiteren waren, wie von der Vorinstanz bereits festgestellt, keine Hinweise erkennbar, dass die aufgestellte Verkehrstafel umfallen könnte – und daher einer besseren Absicherung bedurfte. Auch dem weiteren Vorbringen des Klägers, dass wenige Minuten vor seinem Unfall ein anderer Motorradfahrer an derselben Stelle gestürzt sei, entgegnete der OGH, dass die Gemeinde schon aufgrund des zeitlichen Ablaufs keine weiteren (in der ihr zumutbaren Weise) Vorkehrungen treffen konnte.

Im Ergebnis bestätigte somit der OGH die Entscheidung des Berufungsgerichts und kam ebenfalls zum Schluss, dass der Gemeinde kein grobes Verschulden vorgeworfen werden könne und sie daher nicht als Wegehalterin für den Schaden haftet.

Entscheidung: OGH 25.11.2021, 2 Ob 177/21z


[1] Wegehalterhaftung: Der Halter eines Weges haftet für Schäden, die durch dessen – durch grobes Verschulden verursachten – mangelhaften Zustand den Benützern entstanden sind. Der, der die Kosten der Errichtung und Erhaltung trägt, ist als ein solcher Wegehalter zu qualifizieren (zB: Gemeinde).

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