Kind bei Piñataspiel verletzt – Schadenersatz?

Für viele Kinder ist die eigene Geburtstagsfeier das Highlight des Jahres. Eine Geburtstagstorte, viele Gäste sowie auch gemeinsame Partyspiele und Aktivitäten dürfen dabei nicht fehlen. Doch dass ein Kindergeburtstag nicht immer komplikationslos und vor allem verletzungsfrei verläuft, zeigt beispielsweise der vorliegende Fall, welcher sogar in einen Rechtsstreit mündete.

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Eine Mutter veranstaltete eine Kindergeburtstagsfeier für ihre sechsjährige Tochter, zu welcher sie auch eine Piñata organisierte. Das Ziel dieses Spiels sei es mit verbundenen Augen die aus Pappmaché gefertigte Figur, welche mit einer Schnur an der Decke befestigt wird,  mit einem Stock zu zerschlagen, um die darin enthaltene Überraschung – meist Süßigkeiten – zu ergattern. Als Schlaginstrument wurde ein größenverstellbarer Teleskop-Wanderstock verwendet. Da den Kindern die Zerstörung der Piñata jedoch nicht gelang, versuchte es die Mutter. Allerdings löste sich beim Schlag der untere Teil des Wanderstocks und verletzte dadurch ein als Gast anwesendes Mädchen im Augenbereich. Die Eltern des Mädchens klagten die gastgebende Mutter auf Schadenersatz.

Dieser Fall beschäftigte schon einmal das Höchstgericht, welches im ersten Rechtsgang klarstellte, dass der Party-Veranstalter grundsätzlich für durch Spiele geschaffene „Gefahrenquellen“ haften könne.[1] Allerdings war unklar, ob die Mutter die „notwendigen Vorkehrungen“ getroffen hat, um mögliche Verletzungen zu vermeiden, weshalb der Fall wieder an das Bezirksgericht Kitzbühel geschickt wurde.

Grundsätzlich sei der Wanderstock für das Spiel geeignet gewesen. Eine Haftung der Mutter käme jedoch nur in Betracht, sofern sie vor Spielbeginn den Schraubmechanismus des Wanderstocks nicht ausreichend festgezogen hätte oder dieser defekt war bzw. während des Spiels irrtümlich gelockert wurde und bei entsprechender Sorgfalt auffallen hätte müssen. Die konkrete Ursache, weshalb sich der untere Teil des Wanderstocks loslöste, könne aber aufgrund des Sachverhalts nicht festgestellt werden. Ein fahrlässiges Verhalten und Handeln der Mutter müsse von den klagenden Eltern bewiesen werden.

Die Eltern des verletzten Mädchens argumentierten, dass die beklagte Mutter die Verletzung unabhängig von einer Sorgfaltspflichtverletzung zu vertreten habe. Allerdings würde dies zu einer vom Verschulden losgelösten Haftung führen. Die Vorinstanzen (zuletzt das Landesgericht Innsbruck) sowie der OGH kamen zum Ergebnis, dass die Mutter für keine der theoretisch in Betracht kommenden Verletzungsursachen hafte. Aufgrund der Tatsache, dass mehrere Unfallszenarien möglich blieben, wies der OGH die Klage daher endgültig ab. Dem verletzten Mädchen stehe somit gegen die Gastgeberin kein gültiger Schadenersatzanspruch zu.

Entscheidung: OGH 20.04.2022, 1 Ob 61/22k


[1] OGH 27.11.2020, 1 Ob 215/20d

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