Trotz Versöhnung: Ex-Frau erbt nicht

Erbstreitigkeiten zählen zu den emotionalsten und heftigsten Rechtskonflikten – nicht zuletzt deshalb, weil sie sich zumeist innerhalb der Familie zutragen. Die Formerfordernisse sind bei letztwilligen Verfügungen zum Schutze aller Beteiligten besonders hoch. Bei Missachtung dieser sind Rechtskonflikte vorprogrammiert.

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Im konkreten Fall hatten der Erblasser und seine Ex-Frau während aufrechter Ehe ein wechselseitiges Testament errichtet. Ihre Ehe wurde sodann einvernehmlich geschieden.[1] Nach der Scheidung verbesserte sich das Verhältnis des Erblassers zur Erstantragstellerin und es entwickelte sich ein freundschaftlicher enger Kontakt, wodurch der Erblasser seiner Ex-Frau gegenüber mehrfach zusagte, dass das Testament weiterhin für sie in dieser Form gelte. Dies beteuerte er auch stets gegenüber Freunden und Bekannten.

Nach dem Todesfall begehrte jedoch nicht nur die Ex-Frau das Erbrecht, sondern auch der Neffe des Erblassers. Dies mit der Begründung, dass der Erblasser vor seinem Tod keine ausdrückliche Anordnung im Sinne des § 725 ABGB zugunsten seiner Ex-Frau getroffen hätte. In der Entscheidung kommt der OGH zu dem Schluss, dass eine ausdrückliche Anordnung den Formerfordernissen einer letztwilligen Verfügung entsprechen muss, weshalb bloß mündliche Bekräftigungen keinesfalls der geforderten Form entsprechen und die letztwillige Verfügung demnach nicht mehr gültig ist. Die Erbantrittserklärung der Ex-Ehefrau wurde somit abgewiesen. Es erbte der Neffe, der im Testament als Ersatzerbe genannt wurde (schließlich ist nicht das gesamte Testament ungültig).

Soll daher eine während der Ehe zugunsten des Partners errichtete letztwillige Verfügung auch noch nach der Scheidung Bestand haben, muss dies in Form einer gültigen letztwilligen Verfügung zum Ausdruck kommen.[2]

Behandelte Normen: § 725 ABGB

OGH, am 28.5.2019, 2 Ob 43/19s

© Felix Haidenberger


[1] wodurch die letztwillige Verfügung, das wechselseitige Testament, ex lege unwirksam wird, vgl § 725 ABGB (dies gilt seit der letzten Erbrechtsreform ErbRÄG 2015, in Kraft seit 01.01.2017)

[2] Dasselbe gilt auch für Lebensgemeinschaften und eingetragene Partnerschaften.

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