Kündigungen erreichen aufgrund der Corona-Pandemie derzeit ein Rekordhoch. Wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden möchte, muss er sich an bestimmte – vor allem kollektivvertragliche – Vorschriften halten. Gilt ein über WhatsApp übermitteltes Foto der schriftlichen Kündigungserklärung trotz Schriftformerfordernis in diesem Zusammenhang als gültige Arbeitgeberkündigung?
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Eine Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Doch nicht immer findet eine damit verbundene „Trennung“ freiwillig statt: Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer (unter Einhaltung der Kündigungsfrist) jederzeit kündigen. Die Kündigung eines Mitarbeiters kann sodann mündlich, schriftlich oder auch konkludent (schlüssig) erfolgen. Manche Kollektivverträge sehen allerdings vor, dass Kündigungen nur schriftlich vorgenommen werden können (Schriftformerfordernis[1]).
Die beklagte Arbeitgeberin einer Zahnarztpraxis wollte ihre Arbeitnehmerin, die spätere Klägerin, kündigen. Sie verfasste deshalb ein an die bei ihr beschäftigte Frau gerichtetes Kündigungsschreiben, das sie mit Stempel und ihrer Unterschrift versah. Sie fotografierte dieses Kündigungsschreiben und übermittelte das Foto über WhatsApp an die Klägerin. Nach dem auf das Dienstverhältnis zwischen den Parteien anwendbaren Kollektivvertrag für die Zahnarztangestellten Österreichs müssen Kündigungen jedoch – bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit – schriftlich erfolgen.
Der OGH verneinte – entgegen dem Berufungsgericht – die Wirksamkeit einer solcherart zugegangenen Kündigung. Er begründete das damit, dass damit nicht das Schriftformgebot erfüllt wird, weil sich der Empfänger der „WhatsApp“-Nachricht nicht ohne weiteres – ohne weitere Ausstattungen und technisches Wissen – einen Ausdruck in Form eines physischen Schriftstücks des ihm übermittelten Fotos des Kündigungsschreibens herstellen kann. Der Zweck des Schriftformgebots, nämlich die ausreichende Prüfungsmöglichkeit des Kündigungsschreibens und der Beweiszweck, insbesondere auch für den Empfänger, ist in diesem Fall nicht erfüllt.
[1] Das Schriftformerfordernis verfolgt mehrere Zwecke: Zunächst soll es vor einer übereilten Kündigungserklärung bewahren. Darüber hinaus sichert die Schriftform, dass klar und später auch beweisbar ist, von wem die Erklärung stammt und wie sie lautet. Als Formzweck der Schriftlichkeit der Kündigung einer Arbeitsvertragspartei wird schließlich auch das Bedürfnis des Empfängers, das Kündigungsschreiben des anderen Vertragsteils physisch in Händen zu haben, genannt. (die Presse, Crashkurs Arbeitsrecht: Schriftliche Kündigung vom 09.11.2016)