Nachbarschaftsstreit: E-Drums zu lästig

Nachbarn kann man sich bekanntlich nicht aussuchen: In einem Fall aus Tirol fühlte sich ein Mann von den Geräuschen, welche durch das Bespielen von Schlaginstrumenten seiner Nachbarn erzeugt wurden, gestört und klagte auf Unterlassung. Es folgte ein Rechtsstreit zwischen dem Tiroler und der benachbarten schlagwerkaffinen Familie, der bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) gelangte.

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Der Tiroler beklagte sich über den Lärm, der von den Schlagwerken (E-Drums und Marimba) seiner Nachbarn verursacht wurde, da dieser das ortsübliche und zumutbare Maß überschreiten würde. Der beklagte Nachbar, dessen zwei Söhne an einer Musikschule eine Ausbildung im Fach „Schlagwerk“ absolvierten und zudem in einer Musikkapelle bzw. in einer Band als Schlagwerker aktiv seien, zeigte dafür jedoch wenig Verständnis. Er argumentierte, dass das Spielen von E-Drums und Marimbaphon so wie das Klavierspielen[1] außerhalb der Ruhezeiten als ortsüblich anzusehen sei. Außerdem sei nur auf die rein subjektive gesundheitliche Situation des Klägers abgestellt worden, der nur in Ausnahmefällen seine Wohnung verlasse.

Das Berufungsgericht (Landesgericht Innsbruck) führte dazu aus, dass hinsichtlich der Zulässigkeit einer konkreten Lärmimmission stets im Einzelfall zu beurteilen ist, ob die von der Wohnung einwirkenden Belästigungen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigen und die ortsübliche Benutzung der Nachbarwohnung wesentlich beeinträchtigen. Das Spielen von E-Drums und Marimbaphon sei mit Klavier- oder Flötenspiel – aufgrund der Klopfgeräusche bzw. aufgrund der Lautstärke – nicht vergleichbar. Für die Beurteilung, ob der Lärm die ortsübliche Nutzung der Nachbarliegenschaft wesentlich beeinträchtige, sei nicht bloß die objektiv messbare Lautstärke, sondern auch die subjektive Lästigkeit maßgebend, wobei auf das Empfinden eines Durchschnittsmenschen in der Lage des Beeinträchtigten abzustellen ist.[2] Nach Ansicht des Berufungsgerichts werde das Bespielen von E-Drums nicht als Musik, sondern als „schwer zuordenbare Klopfgeräusche“ wahrgenommen, welche daher unabhängig von der Lautstärke als störend empfunden werden.

Im Ergebnis sei der beklagte Familienvater verpflichtet die Lärmverursachung durch Schlagwerkspiel („sodass in der angrenzten Wohnung des klagenden Nachbarn das ortsübliche und zumutbare Maß überschritten wird“) zu unterlassen und er habe dabei auch auf seine Söhne einzuwirken.

Der beklagte Vater brachte zudem vor, dass der Urteilsspruch aufgrund der allgemeinen Formulierung – Unterlassung der Verursachung von Lärm durch „Schlagwerkspiel“ – zu unbestimmt sei, da seine Söhne nur E-Drums und Marimba spielten. Die allgemeine Fassung sei jedoch zulässig, da aufgrund des breiten musikalischen Wirkens der Söhne die Gefahr bestehe, dass sie auf andere Schlagwerkinstrumente ausweichen könnten. Somit bestätigte der OGH das Urteil des Berufungsgerichts.

Entscheidung: OGH 19.05.2022, 3 Ob 70/22y


[1] Vgl. OGH 16.12.2021, 5 Ob 210/21z.

[2] RIS-Justiz RS0010607; für die Lästigkeit sind va. die Tonhöhe, die Dauer sowie die Eigenart der Geräusche entscheidend.

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