Lehrerbewertungs-App „Lernsieg“ zulässig?

Vielerorts gilt eine Feedback-Funktion als fester Bestandteil, um vorrangig für Transparenz zu sorgen, wie dies in verschiedenen Unternehmen oder gar in Google geschieht. So entwickelte ein ehemaliger Schüler die Möglichkeit auch Lehrer – in Form einer App – bewerten zu können, wie dies vergleichsweise etwa bei Airbnb-Vermietern oder Uber-Fahrern bereits der Fall ist. Doch löste dies einen Rechtsstreit aus, der bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) gelangte[1].

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Im November 2019 veröffentlichte ein Schüler seine App „Lernsieg“, die es Schülern und Schülerinnen ermöglicht, ihre Schule sowie die Leistungen – nach Kategorien wie Fairness, Motivationsfähigkeit oder Pünktlichkeit – ihrer Lehrer und Lehrerinnen, nach erfolgter Registrierung und Verifizierung, anonym mittels Sternebewertung zu evaluieren. Dem Entwickler zufolge soll die App der Transparenz, der Qualitätssteigerung und der Verbesserung der Entwicklungschancen von Schülern dienen.

Jedoch klagte ein HTL Lehrer auf Unterlassung der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten sowie auf Löschung seiner gespeicherten Personendaten aus der App, da er sich durch die Datenverarbeitung in seinem Recht auf Datenschutz[2] und seinen Persönlichkeitsrechten (Achtung des Privat- und Familienlebens[3], Namensanonymität[4], Schutz der Ehre und des beruflichen Fortkommens[5]) verletzt sah. Außerdem existiere ein gewisses Missbrauchsrisiko durch destruktive Kritik, was die Gefahr einer Prangerwirkung verwirklichen könne. So sei es theoretisch möglich, dass Schüler auch fremde Lehrer (negativ) bewerten können.

Das Oberlandesgericht Wien gab dem Lehrer im Berufungsverfahren (teilweise) Recht. Die Datenverarbeitung sei seiner Ansicht nach nur dann zulässig, sofern sichergestellt werden könne, dass die Lehrer ausschließlich von ihren (Ex-)Schülern bewertet werden. Dieses Erfordernis lasse sich aber nur durch eine namentliche Registrierung der App-Nutzer erzielen.

Allerdings sieht der OGH in einer solchen Maßnahme eine Einschränkung der Meinungsfreiheit der Schüler, da sie aus Befürchtung vor Repressalien von kritischen Bewertungen abgehalten werden könnten. Weiters hält er in seiner Argumentation fest, dass die Bewertungskategorien in der App ausnahmslos die Berufsausübung und nicht das Privat- oder Familienleben der Lehrer betreffen, weshalb keine Beeinträchtigung der Personenwürde (iSd § 1330 Abs 1 ABGB) vorliegt. In diesem Fall überwiegen daher die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit[6] über die Unterrichtsqualität den Rechten der Lehrer auf Datenschutz und guten Ruf.

Somit kam der OGH zum Schluss, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten in der „Lernsieg“-App gemäß Art 6 Abs 1 lit f DSGVO[7] rechtmäßig erfolgt.


[1] OGH 02.02.2022, 6 Ob 129/21w

[2] Vgl. Art. 8 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union)

[3] Vgl. Art. 7 GRC

[4] Vgl. § 16 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch)

[5] Vgl. § 1330 ABGB

[6] Vgl. Art. 11 GRC

[7] Datenschutz-Grundverordnung, VO (EU) 2016/679

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